Der Sohn des Anu

 

April 2007

 

 

Wollen wir mehr über den Gott der Bibel erfahren, der sich dort JHWH nennt, bietet es sich an, einmal in den sumerischen und akkadischen Schriften zu stöbern.

Hier ist natürlich von mehreren Göttern die Rede, was übrigens kein Widerspruch zur Bibel sein muss! (Siehe auch unter: viele Götter)

 

Tontafeln

Natürlich lässt sich die in Tontafeln verewigte Geschichte der Sumerer nicht eins zu eins mit denen der Hebräer in Übereinstimmung bringen. Eine andere Kultur, andere Begrifflichkeiten, eine andere Religion und andere Geschichtsschreiber. Und dennoch handelt es sich bei genauerer Betrachtung letztendlich um ein und die selben Geschehnisse der Frühzeit der Menschen von denen auch in der Bibel die Rede ist.

Sei es z.B. die Erschaffung des Menschen oder die Sintflut.

 

Plejadengötter

Was uns in der Bibel vorenthalten wird: Es scheint sich bei "Gott" bzw. bei den Göttern um eine plejadische Götterfamilie gehandelt zu haben. Gottvater war An (Anu). Er war aber eher nur im Hintergrund. Das eigentliche Geschehen auf der Erde wurde von seinen beiden Söhnen Enlil, und Enki (Ea) bestimmt. Doch alle drei Götter werden in der biblischen Berichterstattung auf einen einzigen Gott reduziert. Nur über Umwege ist es nachträglich möglich gewisse Geschehnisse und Aktivitäten einem bestimmten Gott zuzuweisen.

 

Rechtmäßiger Erbe

Enlil war der rechtmäßige Sohn Anus. Enlil ist der einzige Sohn des Gottes Anu mit seiner Frau Antu. Damit war er auch der rechtmäßige Erbe. Er war der Herr der Erde, obwohl ihm diese Machtbefugnis erst über ein Losentscheid zufiel.

 

Das Los entschied

Durch Losentscheid wurde ihm einst Macht und Verantwortung über die Erde übertragen.

Das zumindest ist die Aussage aus dem sumerischen Atra Hasis – Epos.

 

Atra Hasis 10

und ihr Aufseher Ennugi.

Die Götter ergriffen die (Los-)Flasche,

warfen das Los und teilten ihre Anteile.

Anu stieg hinauf in den Himmel,

die Erde übernimmt ... (= Enlil).

 

Sein Machtbereich

In Nippur errichtete er seine Erdbasis. Von hier aus beaufsichtigte er das Projekt Erde.

Ihm unterstand die Erde, wohingegen seinem Halbbruder Enki das Wasser und auch die Goldminen in Südafrika unterstellt wurden.

 

Ein strenger Gott 

Er setzte Könige ein und achtete darauf, dass sie den von ihm gegebenen Regeln folgten. Damit schlüpft er ausgezeichnet in die Rolle des biblischen Gottes Jahwe.

Nicht immer war sein Verhältnis zu den Menschen ungetrübt!

Er gedachte sogar, durch die Sintflut die gesamte Menschheit auszurotten. Auch in Sachen Sodom und Gomorra wurde eine ganze Region von ihm vernichtet.

Siehe dazu auch: http://www.fallwelt.de/bibel/b3rache.htm

 

Streit unter den Göttern

Die sumerischen Überlieferungen sind da genauer. Hier beschränkt man sich nicht auf nur einen Gott. Außerdem räumt man ein, dass unter den Göttern nicht immer Eintracht herrschte.

Der eine Gott Enlil will die Menschen vernichten, und der andere Gott Enki widersetzt sich dem Vorhaben des Gottes, der die Macht über die Erde hatte und sorgt dafür, dass zumindest eine kleine Saat Menschen die Katastrophe überlebt. (Mehr dazu unter: Sintflut)

 

Enlil=JHWH

Eigentlich dürfte man in der Annahme nicht fehl gehen, dass dieser Enlil kein geringerer ist als der hebräische Gott JHWH.

Damit dürfte aber auch klar sein, dass sein Halbbruder, der Erstgeborene des Anu (Gottvaters) Enki jener ist, der oftmals in die Rolle des Gegenspielers schlüpft.

 

Menschliche Götter

So bekommen die Götter letztendlich ganz menschliche Züge.

Gemäß der Bibel sehen wir ihnen ja auch ähnlich (1Mose 1,26).

Und auch eine Kopulation zwischen Gott (einem Gottessohn) und den Menschen ist nicht ausgeschlossen (1Mose 6,4).

Mann kann mit Gott reden (1Mose 3,10-19) oder (1Mose Kap. 18).

U.v.m.

 

Gott ist anders

Wollen wir einen abstrakten Gott, den wir uns nicht wirklich vorstellen können?

Wollen wir einen Gott, der über uneingeschränkte Machtbefugnisse verfügt?

Dieser Gott scheint ein eher konstruierter Gott zu sein. Doch da die christliche Kirche genau solch einen Gott propagiert hat, sind wir mit einem entsprechenden Gottesbild vertraut.

 

Götterfamilien

Die Alten kannten Götterfamilien mit vielen Göttern, einer umfangreichen Göttergenealogie und auch Halbgötter. Wir sind gelehrt worden, dieses als heidnisch zu betrachten. Götter, die untereinander streiten, sich gar bekriegen, die mit einer Menge an Unzulänglichkeiten behaftet waren, was sind das für einfältige, ja primitive Gottesbilder!

 

Der Eingott

Ja, vielleicht wollte sich der Herr der Welt ein besseres Image verschaffen und hat so in der Konstruktion der Bibel ein idealisiertes Gottesbild geschaffen. Vielleicht konnte er sich so mehr Respekt bei seinen Untergebenen verschaffen. Alle anderen Götter wurden als "falsche Götter" deklariert.

 

Kampf unter den Göttern

Dennoch, der Streit unter den Göttern ist noch im Gange.

 

Offb 12,7 (Luther)

Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel,

 

Also alles andere als Eintracht ist das, was wir im Himmel unter den Göttern zu erwarten haben. Damit liegen die heidnischen Göttergeschichten gar nicht so weit von der biblischen Darstellung entfernt. Sicherlich dürfte ein Blick über den Tellerrand zu mehr Objektivität führen. Unser Gottesbild wird dadurch zwar mächtig ramponiert werden, doch ein wahrheitliches Gottesbild ist mir lieber als ein idealisierter Gott, den es gar nicht gibt.

 

 

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Autor: B. Freytag

www.fallwelt.de/bibel/unbiblisch/enlil.htm