Hohe Bahnpreise

 Hinter die Kulissen geschaut

 

 

November 2010

 

 

Der normale Bundes-Bürger lässt sich fast alles gefallen. An Beispielen könnte ich jetzt viele weitere heranziehen, doch die Bahn (genau genommen der öffentliche Nahverkehr) soll mir hier einmal als Beispiel dienen.

 

Preissteigerungen

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Bahnpreise unablässig angestiegen sind. In manchen Jahren wurden gleich mehrere Preiserhöhungen durchgesetzt. Und das, obwohl die Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes im Vergleich zu früheren Zeiten eher gering waren. Man erinnere sich daran, dass sehr viele, angeblich unrentable, Strecken sogar stillgelegt wurden.

 

Prestigeobjekte

Nur in die die so genannten Hochgeschwindigkeitsstrecken steckte man größere Summen Kapital. Aber diese ICEs sind ein Thema für sich, denn mit diesem Verkehrsmittel will man vorzugsweise ein ganz bestimmtes Klientel bedienen. … Trotzdem soll diese Verkehrsart zur Norm werden. Für die meisten, die ihr Geld ganz normal durch Arbeit verdienen, ist Bahn fahren ein Luxus geworden, den sich gar nicht mehr und andere eben nur noch ganz selten leisten können.

 

Für den kleinen Mann

Warum ist Bahn fahren also so teuer??? Man sollte doch meinen, dass die Bahn das Verkehrsmittel für den kleinen Mann ist, für den, der sich kein Auto leisten kann. – Das war einmal, die Zeiten haben sich geändert. Und dahinter steckt Programm!

 

Mobilität erwünscht

Wir sollen eigentlich gar nicht Bahn fahren! Jenen, die bei uns die Fäden ziehen (wobei die Politiker erst in dritter, bestenfalls in der zweiten Reihe stehen) ist es nicht wichtig, dass der "Normalo" günstig fahren kann, obwohl eine gewisse Mobilität grundlegendes Kriterium für eine fortschrittliche Nation ist.

 

Auto fahren

Was ist also der Grund dafür? – Nun, man will, dass wir Auto fahren. Die Lenker und Propagandisten unserer Gesellschaft haben unser System so aufgebaut, dass möglichst viele Menschen Autofahrer sind. Immerhin lässt sich am Autofahrer weit mehr verdienen!!! Ich will jetzt gar nicht all die kleinen und großen Ausgabeposten aufzählen, die auf einen Autofahrer zukommen. Unterm Strich dürften wohl fast ¼ aller Beschäftigten direkt oder indirekt am Autofahrer verdienen.

 

Paradox

Die Sachlage ist völlig paradox. Autos sind nicht nur teuer, sie verpesten die Umwelt, sie tragen zu einer zusätzlichen Lärmbelästigung bei, verursachen Tote und Verletzte, verstopfen die Städte und vergeuden kostbare Ressourcen. Das sind nur einige der Fakten, die einem sofort ins Auge fallen. – So gesehen sollte jeder Staat alles daran setzen, das private Auto fahren auf ein Minimum zu senken.

 

Konjunkturbarometer

Doch das Gegenteil ist der Fall; die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge wird zu einem Gradmesser für eine funktionierende Wirtschaft. Verkehrte Welt, sage ich nur. Alles was zukünftigen Generationen schadet, scheint hoffähig zu sein. Gibt es denn keine Instanz, die diesen Wahn unterbindet? Die Politiker machen genau das Gegenteil. Kriselt es im Automarkt, werden sogar öffentliche Mittel bereitgestellt, damit ein Einbruch von Neuzulassungen (übrigens ein sehr wünschenswerter Effekt) unterbunden wird. So geschehen im Jahre 2009 (Abwrackprämie).

 

Fahrradfahrer

Der absolute Gau müsste für unsere Staatslenker sein, wenn immer mehr Menschen sich gegen das Auto und für das Fahrrad entscheiden. Am Fahrradfahrer lässt sich nun wirklich nicht allzu viel Geld verdienen. An einem großen Zuwachs von Fahrradfahrern könnte letztlich unsere Konjunktur Schaden nehmen, wenn nicht sogar einbrechen. Das darf keinesfalls geschehen. Also muss man das Fahrrad fahren möglichst erschweren.

 

Schikanen

Jeder, der so weit es ihm möglich ist, mit dem Fahrrad fährt, wird schnell merken, dass Fahrrad fahren unerwünscht ist. Man wird als notwendiges Übel betrachtet und bestenfalls sind es gewisse Alibifunktionen, die es den Kommunen gebieten, einige Fahrradstrecken auszuweisen. Das ist die Norm, doch gibt es auch Ausnahmen. Einige Gemeinden können tatsächlich ein  lobenswertes Fahrradstreckennetz vorweisen.

 

Verkehrsführung

Anstatt auf den schwächeren Verkehrsteilnehmer (Fußgänger und Fahrradfahrer) Rücksicht zu nehmen, haben fast überall Autos Vorfahrt. Fußgänger brauchen keine Verkehrsampeln. Einzig einem reibungslosen Autoverkehr dienen die Millionen von Verkehrsampeln.

 

Das Gegenteil

Ich hoffe, einigermaßen deutlich gemacht zu haben, weswegen Bahn fahren so teuer sein muss. Man braucht eine Gesellschaft, in der es die Norm ist, ein Auto zu haben. Dann hat man den Menschen abhängig gemacht. Er muss einen großen Teil seines Einkommens dafür aufbringen. Ich kenne viele Familien, in denen die Frau eigentlich nur deswegen arbeiten muss, um sich ihr eigenes Auto leisten zu können. "Man muss ja mobil sein". – Doch anstatt frei und mobil zu sein, hat sie sich abhängig gemacht, sie verkauft sich, um einem Arbeitgeber zu dienen. Ich verstehe unter Freiheit etwas anderes.

 

Stuttgart 21

Wir leben in einer Gesellschaft, in der uns Freiheit und Demokratie vorgegaukelt werden. Doch wir haben keine wirkliche Freiheit mehr und das, was uns als Demokratie verkauft wird, ist bestenfalls Kasperletheater. – Um bei der Bahn zu bleiben, würde sich hier als Beispiel Stuttgart 21 anbieten.


Autor: B. Freytag

www.fallwelt.de/diesudas/bahnpreise.htm