Neue Freunde

(die Feier)

Januar 2016

 

 

 

Ich öffnete meine Augen und befand mich in einem Bereich, von dem ich vermutete, dass es Khanells sein müsste,

jedenfalls sah er so aus.

Ich hörte ein hastiges "Hallo, mach schnell, wir haben keine Zeit."

Ich war noch nicht richtig wach und musste erst einmal zu mir kommen.

Dann schaute ich mich um und sah in Khanells lächelndes Gesicht!!!

 

Ich:

Hallo, das ist ja eine Überraschung. Weshalb bist Du so in Eile, gibt es etwas Besonderes?

 

Khanell:

Komm, zieh das an, wir haben keine Zeit mehr!

 

Sie legte mir so etwas wie einen hellgrauen Overall und ein Paar Schuhe auf den Tisch und bedeutete mir nochmal, mich zu beeilen. Deshalb zog ich mich schnell an. Währenddessen fragte ich Khanell: Warum soll ich das anziehen?

 

Khanell:

Wo kommst du jetzt her und was hast du gemacht?

 

Ich:                                                                                                                                          

Nun, ich habe im Bett gelegen und geschlafen.

 

Khanell:

"Na, und welche Kleidung hast Du an?? Ich bin ja froh, dass du kein Nacktschläfer bist!!" Sie lachte.

 

Ich überlegte kurz und merkte, Khanell hatte recht; wie sollte es auch anders sein?

Der Overall war sehr leicht und trug sich sehr angenehm; er fühlte sich wie Seide auf der Haut an, war aber viel robuster.

Khanell nahm mich an die Hand und zog mich hinter sich her.

Sie zog mich durch Gänge und Ecken bis in eine Art Aufzug hinein. Sie drückte einen Knopf und wir schnellten abwärts. Mir wurde flau, mein Magen hob sich und beim "Landen" knickten meine Knie ein.

Für Khanell war die Fahrstuhl-Geschwindigkeit offensichtlich unproblematisch. Die Tür öffnete sich und wir standen vor einem langen Gang, an dessen Ende sich eine Tür befand, oder besser gesagt, ein Tor. Khanell griff fest nach meiner Hand und zog mich eilig in Richtung Tor.

Als wir ankamen und davor standen drückte sie meine Hand und atmetet tief durch. Ich sollte nur beobachten. Sie sagte mir noch: "Du musst jetzt stark sein und ruhig. Sei du selber und offen und beobachte, was geschieht.

Das grosse Tor öffnete sich und vor mir sah ich einen sehr grossen Raum. Vor uns lag ein langer Gang. Rechts und links befanden sich eine Art Bankreihen. Auf jeder Seite ca. 20, in denen jeweils 10-15 Leute Platz hatten. Der Raum war gefüllt mit "Menschen" von Khanells Rasse. Viele sahen vom Typ her wie Khanell aus, einige hatten auch eine etwas hellere Haut und Haare. Aber alles erschien mir (auf irdische Menschen bezogen) wie eine Mischung aus Europäern und Asiaten mit einem indianischen Einfluss.

Khanell und ich standen im Bogen dieses Tores und irgendwie schien mir, dass mich alle ansahen. Khanell ging mit mir auf eine der vorderen Bankreihen auf der rechten Seite zu. 250 – 300 Zuschauer schauten so auf mich und der Gang wurde unter diesem "Beobachtungsgefühl" mit jedem Schritt länger und die Sekunden dehnten sich zu Stunden.

Aber das war nur meine subjektive Wahrnehmung, weil mich in Wirklichkeit alle sehr freundlich und wohlwollend ansahen. Niemand sah mich missgünstig oder zweifelnd an. Ich fühlte mich wie jemand, der lange Zeit weg war und nach Hause in die Familie und zu Freunden zurückkommt. Alle lächelten mich an, als ob sie auf mich gewartet hätten. Mir schienen alle vertraut und ich fühlte mich leicht und gesund, es war eine Art neues Leben.

Khanell strebte auf der rechten Seite die dritte Reihe an, dort befanden sich direkt am Gang (wie für uns reserviert) zwei freie Plätze. In der ersten Reihe auf beiden Seiten sassen Kinder, zwischen 10 und 13 Jahre alt und in der zweiten Reihe 14 bis 17 Jahre alte Jugendliche. Alle waren weiss gekleidet und ein Kopfschmuck bedeckte ihre Stirn.

Niemand redete oder störte diesen Moment. Alle sassen auf ihren Sitzen in Erwartung dessen, was da kommen sollte. Ich befand mich niemals vorher in einer vergleichbaren Situation. Sorgen und Bedenken lösten sich auf, ich fühlte mich total zufrieden.

Es herrschte eine sehr angenehme Temperatur und leise beruhigende Musik war zu hören. Die Beleuchtung war etwas gedämpft, trotzdem konnte man noch gut sehen. Vorne befand sich eine Art Bühne, in rötlicher und blauer Farbe gehalten.

Die Musik erklang nun etwas lauter. Die Bühne (etwa 1,5 m hoch) wurde von total rotem und blauem hellen Licht beleuchtet. An der rechten Seite öffnete sich ein Vorhang. Alles verfiel in totale Stille. Kein Atmen, kein Luftzug war zu hören, kein Geräusch störte.

Als erstes traten drei Personen heraus, die senkrecht vor sich einen "Stab"  hielten. Diese Stäbe sahen aus wie gut gestaltete und geformte 1 m lange und mit Rundungen verzierte Fackelhalter. Jeder Stab trug am oberen Ende eine Kugel, eine blaue, eine grüne und eine weisse.

Nun betraten zwei weitere Personen den Raum. Jede hielt etwas wie ein Buch in den Händen. Diese Bücher waren goldfarben und funkelten.

Anschliessend traten drei ältere, stattliche Männer hervor, zuerst einer und zwei, die folgten. Sie trugen ebenfalls weisse Gewänder, bestickt mit viel Silber und Gold.

Ihnen folgten 15 Frauen und Männer, die ihre Hände vor sich hielten und einen Summton von sich gaben.

Sie stellten sich auf dieser Bühne auf. Die Kugelträger ganz nach links, die Alten in der Mitte mit den Bücherträgern rechts und links daneben und die grosse Gruppe auf der rechten Seite.

Der erste der Älteren trat hervor und begann zu sprechen. Er sprach in einer Sprache, die ich nicht kannte und auch nicht zuordnen konnte, trotzdem kam sie mir bekannt vor. Obwohl ich die Worte nicht verstand, begriff ich den Inhalt. Die Ansprache dauerte ca. 20 Minuten. Danach fing die Gruppe auf der rechten Seite an zu singen und alle in der Halle sangen die nächsten drei Minuten mit.

Danach verstummten alle und der "Alte" sprach wieder. Die Kinder in der ersten Reihe standen auf. Das erste Kind der ersten Reihe rechts begab sich auf die Bühne. Es folgten alle aus dieser Reihe und danach die aus der linken Reihe, mit der zweiten Reihe verhielt es sich ebenso.

Der Alte hielt jedem der Kinder seine Hand auf die Stirn und sagte etwas dazu. Dann zeigte er jedem Kind eine Kette und legte sie dann um seinen Hals.

Alle Kleinen gingen von der Bühne und verließen in Zweier-Reihen den Raum.

 

Kette

Für mich war das Ganze ein besonderes Erlebnis, das mich sehr beeindruckte. Als die Kinder den Gang in Richtung Tor entlang gingen, standen alle im Raum auf und richteten sich ebenfalls in Richtung Gang aus.

Die ersten zwei Doppelreihen der Kinder gingen gerade an mir vorbei als etwas in Höhe meines Oberschenkels an meiner Hose zupfte. Ich dachte erst, dass es Khanell sein müsste, die mir etwas sagen wollte und drehte mich zu ihr um. Aber Khanell sah mich fragend an: "Was ist?" Daraufhin schauten wir beide nach unten und da war Sie!!! Ein kleines Mädchen, vier oder fünf Jahre alt, schaute mich an, mit einem Gesichtsausdruck, der in etwa besagte: "Hallo, hier bin ich." Die Kleine hatte schwarze, glänzende Haaren, die  zu einem Zopf geflochten waren, tiefbraune Augen und ein Lächeln auf dem Gesicht und hielt sich mit ihrer linken Hand an meinem Hosenbein fest. Sie war wirklich ein ganz entzückendes, hübsches Kind. Khanell schaute sie an und machte: "Psst."

Alles blieb ruhig und still, aber an dem Griff dieser Kleinen an meinem Hosenbein merkte ich, dass sie aufgeregt war und mehr wollte als nur neben mir zu stehen.

Nachdem alle anderen die Halle verlassen hatten, gingen auch wir, Khanell an meiner linken Seite und die Kleine immer noch mit festem Griff an meinem Hosenbein. Vor dem Tor standen viele Personen in kleinen und grösseren Gruppen, wie Familien, die ihren Kindern gratulieren. Khanell ging mit nach links in einen Gang zu einem Aufzug. Die Kleine "klebte" weiterhin an meinem Bein.

 

      

Auf halbem Weg beugte sich Khanell nach vorne und sagte etwas zu ihr. Sie liess sofort mein Hosenbein los und blieb stehen. Nach ca. sieben bis zehn Metern schaute ich mich um und sah das Mädchen traurig da stehen. Ich fragte Khanell: "Was ist mit ihr?" Khanell sagte mir, dass sie ihr gesagt hatte, dass sie jetzt loslassen und uns alleine lassen soll. Ich fragte Khanell warum? Sie stört doch nicht. Khanell blieb stehen und fragte mich: "Bist du sicher, dass sie bei uns bleiben soll, weil ich befürchte, dass sie dich doch stören wird?" Ich hatte aber keine Bedenken, weil sie bis jetzt ganz ruhig war.

Khanell schaute sich um und redete noch einmal kurz mit ihr. Sie hob ihren Kopf, strahlte wieder und kam auf uns zu gerannt. Also nicht wirklich gerannt, es war mehr ein Hüpfen, rechtes Bein und rechtes Bein und linkes Bein und linkes Bein und so weiter. Als die Kleine bei mir war, griff sie mit ihrer linken Hand ganz fest meine rechte und umklammerte meinen Ring- und den kleinen Finger.

So gingen wir alle drei den Gang entlang, fuhren mit dem Aufzug nach oben und gingen wieder einen Gang entlang bis zu einem Raum, der mir schon bekannt war. Es war die Halle mit den vielen Sitzgruppen. Wir setzten uns an eine Sitzgruppe, ich auf die linke Seite und Khanell auf die rechte. Die Kleine setzte sich auf die Bank, die leicht rund geformt war, an die Kopfseite des Tisches. Sie musterte uns beide sehr genau an und sah aus als ob sie etwas von uns erwartete.

Ich fragte Khanell, wer das Mädchen eigentlich sei?

 

Khanell:

Das ist Dalyah, das bedeutet in etwa "Blume". Dalyah ist eine der Jüngsten hier bei uns. Sie will alles wissen und ist stets sehr interessiert an allem Neuen. Wenn du etwas Neues wissen willst, dann frage Dalyah!! Sie lachte. Dalyah kennt immer unsere neuesten Nachrichten. Sie rennt überall herum und sammelt Informationen. Sie ist sozusagen unser "Informations-System."

 

Ich:

Frage: Welche Feier habe ich gerade miterlebt?

 

Khanell:

Das war eine Feier der "aufsteigenden" Kinder, eine "Erhebung" in die nächste Ebene. Wir alle müssen sie durchlaufen, reifen und erhalten am Ende die Segnung. Wir befinden uns auf verschiedenen Ebenen. Die Kleinen sollen kindgerecht leben; danach kommt die erste Ebene, in der sie von der Heimat u. a. lernen. Dann kommen die zweite, dritte, vierte und so weiter. Dalyah hat noch Zeit, weil wir glauben, dass unsere Kinder erst das Leben lernen und sich selbst finden müssen. Darum lassen wir unsere Kinder auch Kinder sein. Wenn die Kinder ungefähr 10 Jahre alt sind, beginnt die Schulung und der Aufstieg von Gruppe zu Gruppe. Was du gerade erlebt hast, war die Ehrung für einige Kinder, die von der ersten in die zweite Stufe und andere, die von der zweiten in die dritte Stufe aufgestiegen sind.

 

Ich:

Dalyah ist also in keiner Gruppe und kann noch unbeschwert leben?

 

Khanell:

Sei sicher, dass wir alle auf unsere Kleinen achten und auf sie aufpassen. Wir sind eine Familie und wir empfinden die Kinder als Kinder von uns allen. Ich bin nicht verwandt mit den Eltern von Dalyah; trotzdem ist sie wie eine Schwester für mich, und sie wird beschützt. Glaube mir, Dalyah braucht besonders viel Schutz, weil sie immer irgendwo auf Suche ist.

 

Dalyah lauschte unserem Gespräch und lächelte nur, weil sie kein Wort davon verstand. Sie war offensichtlich einfach glücklich, dass sie bei uns sein durfte.

 

Khanell:

Es war eine lange Zeit; du musst etwas trinken, sonst bekommst du Probleme.

 

Dann sagte Khanell etwas zu der Kleinen und diese reagierte sofort. Sie sah aus als ob sie sich freute. Sie hüpfte und ging dann links auf eine Art Theke zu. Sie versteckte sich für einige Zeit dahinter und klirrte mit Geschirr herum. Dann kam sie zu unserem Tisch zurück und hielt ein Tablett mit drei Gläsern und einer Karaffe  in ihrer Hand.

Dalyah stellte das Tablett auf dem Tisch ab und gab uns eines der Gläser. Anschliessend ging sie zurück auf ihren Platz, beugte sich nach vorn über den Tisch und goss uns aus der Karaffe Wasser ins Glas.

Dann nahm sie eine kleine flache Schachtel vom Tablett, öffnete sie und stellte sie auch auf den Tisch. Die Schachtel hatte mehrere Fächer und in jedem Fach befanden sich, farblich sortiert, kleine runde Pillen, ca. 3 mm gross.

Mit ihrem Zeigefinger zeigte sie auf die weisse Sorte und fing an zu erzählen. Ihre Augen fragten mich: Hast du verstanden? Diese Prozedur wiederholte sie mit den Pillen in den anderen Farben. Erwartungsvoll sah sie mich an und wollte sie wissen, für welche ich mich entschieden hätte.

 

Khanell schaute sich alles ruhig an und hatte Schwierigkeiten, sich das Lachen zu verkneifen.

Dann sagte Sie:

"Dalyah hat dir erzählt, dass die weissen Pillen dafür sorgen, dass das Wasser sprudelt und alle anderen Farben erzeugen einen bestimmten Geschmack. Sie mag die gelben und roten am liebsten und du musst sie unbedingt probieren."

 

Während der Erklärung beobachtete Dalyah uns und hörte zu. Unterm Tisch zappelten ihre Beinchen, die noch nicht bis zum Boden reichten, von vorn nach hinten und gleichzeitig von rechts nach links.

 

Khanell amüsierte sich und meinte:

"Mein Freund, du hast soeben eine Erfahrung gemacht. Wenn du etwas streichelst, wirst du es nicht mehr los und die Frage, wie man aus Wasser Wein macht, ist soeben auch beantwortet worden.

 

Ich gab eine der weissen Pillen in das Glas (das eigentlich kein Glas sondern eher Kunststoff war) und es sprudelte. Dann nahm ich eine der gelben und das Getränk sah aus wie Orangenbrause. Ich kostete erst vorsichtig, um zu sehen wie es schmeckte und war begeistert. Es schmeckte wie 70% Orange, 10% Zitrone, 10% Grapefruit und 10% Mango, wirklich sehr lecker. Als Dalyah sah, dass es mir schmeckte, strahlte sie wieder übers ganze Gesicht und zeigte gleich auf die roten Pillen. Aber Khanell sagte ihr dann, dass ich sie beim nächsten Mal probieren werde.

 

Khanell:

"Möchtest du heute noch etwas wissen?"

 

Ich:

"Ich würde gerne noch mehr über dein Volk und Eure Art zu leben lernen."

 

Khanell:

"Du wirst noch vieles lernen. Aber für heute ist es genug, schau dir mal Dalyah an."

 

Dalyah lag auf ihrer Bank und schlief schon mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Sie schien glücklich zu sein.

 

Khanell:

"Heute war ein langer Tag für sie. Ich glaube, ich bringe sie jetzt zu ihren Eltern und wir wollen auch gehen."

 

Khanell

 Khanell

 

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Autor: W. Marggraf

www.fallwelt.de/khanell/Feier.htm