Menschwerdung

Aus der Sicht der Bibel

 

September 2007

 

Die Bibel nennt uns in der Genesis zwei Schöpfungsberichte.

Erster Schöpfungsbericht:         Gen Kap. 1,1 – 2,3

Zweiter Schöpfungsbericht:       Gen Kap. 2,4 – 25

 

 

Schöpfungsbericht Variante 1

(Gen Kap. 1 Schöningh)

26   Dann sprach Gott: "Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild, uns ähnlich! Herrschen soll er über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über alles Wild des Feldes und über alles Gewürm, das am Boden kriecht!" 

27   So schuf Gott den Menschen nach seinem Bild. Als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er ihn. 

 

In der Variante eins wird der Name Adam an keiner Stelle genannt.

Man beachte auch, dass in der "Variante zwei" der Name Adam ganz plötzlich erst im Vers 22 erscheint, nämlich als Eva hinzukam!

Ganz offensichtlich besteht auch die Variante "Zwei" aus zwei Teilen, welche der Schreiber (Moses???) dann zusammengefügt hatte.

 

 

Schöpfungsbericht Variante 2

(Gen Kap 2 Schöningh)

Schöpfungsbericht Variante 2 (1. Teil)

7     da bildete Gott der Herr den Menschen aus dem Staub der Erde und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens - so wurde der Mensch zu einem lebenden Wesen. 

8     Dann legte Gott der Herr fern im Osten, in Eden, einen Garten an und brachte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte. 

 

Schöpfungsbericht Variante 2 (2. Teil)

18   Dann sprach Gott der Herr: "Es ist nicht gut für den Menschen, daß er allein ist. Ich will ihm eine Gehilfin machen, die ihm entspricht."

19   Und Gott der Herr bildete aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie zum Menschen, um zu sehen, wie er sie benennen werde. Und wie der Mensch ein lebendes Wesen benannte, so ist sein Name.

20   So gab der Mensch allem Vieh und den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes Namen. - Doch für den Menschen fand er keine Gehilfin, die ihm entsprach.

21   Deshalb ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf über den Menschen kommen. Als er eingeschlafen war, entnahm er ihm eine Rippe und füllte die Stelle wieder mit Fleisch. 

22   Die Rippe, die Gott der Herr dem Menschen entnommen hatte, gestaltete er zu einer Frau und führte sie Adam zu.

23   Da sagte Adam: "Diese endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch! Diese wird "Mensch" heißen, weil sie vom Menschen genommen ist. 

 

Mehrere Quellschriften

Wenn es in der Bibel zwei (drei) völlig verschiedene Schöpfungsgeschichten gibt, kann man davon ausgehen, dass dem Schreiber der Bibel mehrere Quellen zur Verfügung standen, aus denen er den biblischen Schöpfungsbericht erstellte.

Die Quellen dürften aller Wahrscheinlichkeit nach sumerischen Ursprungs gewesen sein, denn jene Quellen behandeln die Menschwerdung in mehreren, sogenannten Schöpfungsmythen.

Wie sich die Schöpfung anhand der sumerischen Quellen darstellt, habe ich in:

 

Projekt Adam, Wilde, Projekt Lulus, Adamu, Adapa beschrieben.

 

Der Mensch wurde gemäß Variante 1 als gottähnlich, als in seinem Bilde geschaffen, beschrieben.

In Variante zwei wird zum Aussehen nichts weiter gesagt, dafür jedoch, dass die Menschen nach "Eden" gebracht wurden. Bei Eden dürfte es sich um Edin gehandelt haben, einer Gegend in Mesopotamien. Hier hatten die Götter ihren Hauptsitz. Deswegen konnte Jahwe (Enlil) auch bei seinem Abendspaziergang sofort sehen, dass sich die Menschen ihrer Nacktheit wegen schämten.

 

 

Hauptaussagen der Bibel in Sachen Menschwerdung

       Gen 1,27

Der Mensch wurde nach dem Abbild Gottes geschaffen

(Demnach sehen wir so aus wie Gott / die Götter)

 

       Gen 1,26

Der Mensch soll herrschen über die Tiere

(Ein äußerst magerer Hinweis zum Grund, weswegen der Mensch ins Dasein kam)

 

       Gen 2,7

Der Mensch wurde aus dem Staub der Erde gemacht

(Dies klingt ein wenig nach Retorte. Doch Embryonale- und Geburtsprozesse dürfte auch Adam durchlaufen haben, selbst wenn Gott dafür verantwortlich war)

 

       Gen 2,7

Der Lebensodem wird dem Menschen eingehaucht

(Belebt durch die Lebenskraft Gottes und dem ihm nun innewohnenden Geist)

 

 

Mein Kommentar dazu

Jene, die der Meinung sind, die Bibel würde alle Glaubensfragen hinreichend beantworten, dürften schon in Verbindung mit der Menschwerdung in Erklärungsnot kommen.

 

Weswegen gibt es uns?

Die Glaubensfrage, die an erster Stelle stehen dürfte, "weswegen gibt es uns Menschen", wird in der Bibel nicht annähernd hinreichend erklärt.

 

Sicherlich ließe sich noch das eine oder andere Kriterium (weswegen es uns Menschen gibt), durch ein "zwischen den Zeilen lesen", herausfinden. Doch von einem Buch, dem als Buch des Glaubens ein so hoher Stellenwert beigemessen wird, sollte man erwarten können, dass es mehr eindeutige Antworten auf die grundlegenden Fragen des Lebens gibt!!!

 

So könnte man zu folgendem Schluss gelangen:

 

·        Gott ist überhaupt nicht der Urheber der Bibel

·        Gott will uns einiges vorenthalten

·        Die Bibelschreiber hatten wenig (ggf. keine) Ahnung von der Schöpfung

·        U.v.m.

 

Horizont erweitern

Jemand, der sich also Aufschluss über den Sinn der Schöpfung und das "Mensschsein" wünscht, bleibt nichts anderes übrig, als über den Tellerrand (der Bibel) zu schauen. Und er wird sich auch Quellen zuwenden müssen, die vielen fundamentalen Christen suspekt erscheinen.

 

Widersprüchliche Hinweise

Ich habe in meiner Reihe zur Menschwerdung versucht, Informationen aus ganz unterschiedlichen Quellen einfließen zu lassen. Ich muss eingestehen, dass es hier und da Widersprüchlichkeiten gibt. – Wir müssen akzeptieren, dass man uns viel Wahrheit vorenthält und mit mannigfach wertlosen und auch falschen Informationen zuschüttet.

 

Gefährliches Gottesklischee

Wer meint, "Gott" habe "mal so eben" einen Menschen aus etwas Tonerde geschaffen, der erliegt einem Trugbild.

Viele Christen sind gar der Meinung, GOTT habe in nur sechs Tagen die Welt erschaffen. Dies ist zumindest das Ergebnis einer Meinungsumfrage auf www.jesus.de im Jahre 2007.

Hier waren es 47%, die genau diese Meinung vertraten. Ich befürchte, dass viele christliche Prediger einem unverantwortlichen Wahn erlegen sind. Sie nehmen alles in der Bibel wörtlich und im gleichen Zuge verleugnen sie alles in der Welt, was ihrem Gottesbild nicht entspricht.

Wenn sie schon so gottesfürchtig sind, wundere ich mich darüber, weswegen sie das Buch der Erde, welches auch ein Buch Gottes ist, einfach ignorieren? Dieses Buch ist garantiert nicht gefälscht. Allenfalls wird es falsch interpretiert.

Die Bibel jedoch, die als 100% göttlich gilt, ist alles andere als so göttlich, wie man sie immer hinstellt. Siehe dazu eine entsprechende Aufsatzreihe.

 

 

Fremdkommentare

Ich weise darauf hin, dass Exegeten von mehreren Quellen ausgehen, die dann in der Bibel zu einer zusammengefügt wurden.

 

Kommentar der Einheitsübersetzung zu 1Mo 2:4b-24

Hier liegt eine ältere Schöpfungsdarstellung vor, in der der Schwerpunkt auf der Erschaffung des Menschen und seiner Lebensordnung (Ehe, Familie, mitmenschliche Gemeinschaft) liegt. Der Mensch scheint noch vor den Pflanzen und Tieren erschaffen zu sein und wird so als Haupt der Schöpfung herausgehoben. - Dadurch, daß der letzte Pentateuchüberarbeiter so verschiedene Schöpfungsdarstellungen miteinander verbindet, zeigt er, daß es ihm nicht auf die naturwissenschaftlichen Gegebenheiten, sondern auf die religiösen Aussagen der beiden Texte ankommt: Alles ist von Gott erschaffen; der Mensch ist nicht das Produkt der Natur, sondern der von Gott in die Welt gesetzte Partner Gottes; der Mensch ist auf Gemeinschaft hin erschaffen; der Mensch hat als Ebenbild Gottes Anteil an der Herrschaft Gottes über die Welt.

 

 

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Autor: B. Freytag

www.fallwelt.de/goetter/bibelhinweise.htm